Gesellschaft


Drohen soziale Unruhen? [ Abstract ]
Die Systemkrise und die Gewalt [ Abstract ]
Von Datschen und Kleingärten [ Abstract ]

Drohen soziale Unruhen?
von
Wladimir Petuchow, Russisches Forschungsinstitut für
Soziologie und nationale Politik, Moskau


Obwohl die russische Bevölkerung die Situation im Lande mehrheitlich als Krise einschätzt, deutet nichts auf soziale Unruhen hin. Dies liegt daran, daß die große Mehrheit der Menschen die derzeitige Lage lediglich als Verschärfung der für sie bereits seit sechs Jahren andauernden Krise erlebt.

Der Kampf ums Überleben ist für die Menschen die Normalität. So identifizieren sie sich mit den im Zuge der Protestaktionen erhobenen Forderungen, glauben aber nicht, daß sie real etwas an der Situation ändern können.
Anders stellt sich die Entwicklung für den im Entstehen begriffenen Mittelstand dar, der sich gerade an die Annehmlichkeiten eines relativen Wohlstandes gewöhnt hatte, und nun abrupt vor dem Nichts, sprich verlorenen Guthaben, eingefrorenen Konten und dem Verlust der Arbeitsplätze steht.



Die Systemkrise und die Gewalt
von
Wladimir Serebrjannikow, stellvertretender Direktor des Zentrums für
Soziologie und nationale Sicherheit


Über den Ausbruch eines Bürgerkrieges wurde in Rußland im August und September viel spekuliert. Die Angst vor dem Ausbruch unkontrollierter Gewalt war groß.
Insgesamt ist die Gewaltbereitschaft in der russischen Gesellschaft gestiegen; nicht nur in der Bevölkerung, sondern auch in den entsprechenden Kraftstrukturen.



Von Datschen und Kleingärten
von
Alexej Koslatschkow, freier Journalist, Moskau


Auch wenn der Russe schlechthin immer von seiner Datscha redet, ist die Wahl dieses Begriffs im Prinzip falsch. Denn von der Datschenkultur spricht man seit Ende des 19. Jahrhunderts, als es die Intelligenzija und die Oberschicht der Städte zur Erholung und Entspannung aufs Land trieb.

Richtigerweise muß man bei der großen Mehrheit der Bevölkerung durch die Geschichte hindurch von Kleingartenbesitzern reden, wobei der dort betriebene Anbau von Obst und Gemüse sich oft als die einzige Möglichkeit herausstellte, daß die Bevölkerung überhaupt überleben konnte.

Auch heute sind die Gärten für breite Bevölkerungsschichten angesichts nicht gezahlter Löhne und Renten, einer hohen verdeckten Arbeitslosigkeit und Preissteigerungen eine Möglichkeit zu überleben. Um die Vergabe von staatlichem Eigentum an Boden wuchert Korruption und Schwarzhandel.


Testen Sie WOSTOK unverbindlich im
Probeabo!