Kultur

aus WOSTOK SPEZIAL: Kasachstan - Staat im Zentrum Eurasiens
 
Über den Reichtum und die Besonderheiten der Juwelierkunst [ Abstract ]
Echo der Jahrhunderte -Schangyryk [ Volltext ]
Filmkunst in Kasachstan in Erwartung einer neuen Welle [ Abstract ]

Über den Reichtum und die Besonderheiten der Juwelierkunst
von
Galina Chananowa, Kulturologin, Almaty


Die Juwelierkunst war in Kasachstan bereits im 4. Jahrhundert bekannt. Oft setzten die Juweliere Edel- und Halbedelsteine in kunstvolle Fassungen
 
Der Schmuck aus Zentralasien und einigen Republiken der Russischen Föderation weist auf den ersten Blick viele Gemeinsamkeiten auf. Der aufmerksame Betrachter erkennt jedoch schnell die Unterschiede in der Komposition und den Mustern, mit denen die Schmuckstücke verziert sind. Über die Geschichte, die bei der kasachischen Juwelierkunst bis ins 4. Jahrhundert vor unserer Zeit zurückreicht, hat sich die Wertigkeit und Wichtigkeit einzelner Schmuckstücke verändert, auch Formen und Kompositionen haben Modifikationen erfahren. Erhalten geblieben sind aber viele stilistische Elemente und Ornamente, die sich auch in der Kleidung und einigen Bereichen des Kunsthandwerkes finden.
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Echo der Jahrhunderte -Schangyryk

von
Muratchan Sapargasinow, Künstler, Direktor des Künstlerverbandes der Republik Kasachstan, Almaty


Seit den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts setzt sich in der kasachstanischen bildenden Kunst verstärkt eine Kunstrichtung durch, die sich mehr an der nationalen Kunst, der nationalen Geschichte und den traditionellen Lebensweisen orientiert. Elemente der Felsmalerei der Saken und der von den zentralasiatischen Turkvölkern im 15. Jahrhundert entwickelten Ornamentkunst werden aufgegriffen und in spezifisch kasachstanischen Sujets, in der besonderen Wahrnehmung von Mensch und Natur umgesetzt.

Obwohl sich die kasachische bildende Kunst, wie wir sie heute kennenlernen, erst im 20. Jahrhundert entwickelte, blickt sie auf eine lange Geschichte zurück. Schon im 1. Jahrtausend vor unserer Zeit fertigten die Saken, die das Territorium Kasachstans damals besiedelten, Felszeichnungen mit Bildern von Tieren, Kriegern und Kampfwagen, mit Jagd- und Schlachtszenen an. Diese Felsmalereien - bekannt sind vor allem die Zeichnungen in der Schlucht Tamgaly - waren sehr eng mit der nomadischen und halbseßhaften Lebensweise der Saken verbunden. Sie sind in erster Linie in Süd- und Ostkasachstan verbreitet.

Die zweite Etappe in der Entwicklung der bildenden Kunst begann mit dem Auftauchen der Turkvölker Anfang des 1. Jahrtausends unserer Zeit. Die Turkvölker übernahmen von den Saken die Techniken der Felsmalerei und entwickelten darauf später die Runenschrift. Kunstdenkmäler der turkvölkischen Kultur finden sich auf einem riesigen Territorium, das die Mongolei, Sibirien, das Altaigebiet sowie Ost- und Südkasachstan einschließt. In der Epoche der frühen Turkvölker verbreiteten sich auf dem Territorium Kasachstans zudem der Buddhismus und das Christentum in Form von Manichäismus und Nestorianismus. Kultzeichnungen auf Felsen und Steinen wie auch Elemente der Architektur zeugen davon. Besonders beeindruckend sind die Buddha-Zeichnungen am Fluß Ili unweit der ehemaligen kasachstanischen Hauptstadt Almaty. Diese grandiosen Figuren sind mit großer künstlerischer Meisterschaft ausgeführt. Zeitgleich mit dem Buddhismus gelangte auch die Malkunst Indiens und Chinas nach Zentralasien.

Nach 751 faßte der Islam in Kasachstan festen Fuß. In der moslemischen Epoche werden bei den Turkvölkern Zentralasiens, die die Oasen von Buchara und Samarkand eroberten und nach Afghanistan und in den Iran vordrangen, iranische Miniaturen populär. Der Islam verbot aber, Menschen und Tiere bildlich darzustellen.

Nach der Entstehung des Kasachischen Khanats im 15. Jahrhundert verbreitete sich auf dem gesamten Territorium des heutigen Kasachstans angewandte Kunst, die ganz typische Ornamente aufwies. Mit Ornamenten wurden die traditionelle kasachische Behausung - die Jurte -, Festkleidungen, Musikinstrumente, Waffen, Pferdegeschirr und vieles mehr verziert. Diese Ornamentik geht auf den sogenannten Tierstil der Sakenstämme zurück, in dem sich in verschiedensten Formen die symbolhaften Darstellungen der Hörner von Widdern, Gemsen und anderen Tieren wiederholen.

Dank russischen Umsiedlern, polnischen und ukrainischen politischen Vertriebenen sowie deutschen, französischen und englischen Geographen, Forschungsreisenden und Naturforschern wird in Zentralasien im 19. Jahrhundert die europäische Malerei bekannt. Mitte des 19. Jahrhunderts versuchen sehr viele kasachische Intellektuelle wie beispielsweise Tschokan Walichanow, ein Wissenschaftler europäischen Niveaus, westliche Kunst in Grafik und Malerei nachzuahmen.

Im 20. Jahrhundert entwickelte sich die kasachische Malerei unter dem großen Einfluß der europäischen Kunst. Der erste kasachische Künstler, der in europäischem Stil malte, war A. Kastejew. Das Nationale Kunstmuseum der Republik Kasachstan trägt heute seinen Namen. Kastejew und andere kasachische Künstler der sowjetischen Schule malten Landschaften und Stilleben, sie schufen Grafiken sowie Porträts und Monumentalwerke. Auf die kasachischen Künstler übte sowohl die klassische europäische als auch die akademische russische Malerei einen starken Einfluß aus. In den 30er bis 50er Jahren des 20. Jahrhunderts dominierte in der kasachischen Malerei der sozialistische Realismus. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts öffneten sich viele kasachische Künstler dem Einfluß solcher Stilrichtungen wie Impressionismus, Postimpressionismus, Avantgarde, Kubismus und Manierismus.

In den 70er und 80er Jahren prägte die bildende Kunst Kasachstans eine neue Künstlergeneration. Die ästhetischen Ideale weisen nun einen klaren nationalen Charakter auf. In der Maltechnik wie in der Wahl der Sujets wandte man sich immer stärker den kasachischen Wurzeln zu. "Die neue Welle" kasachischer Künstler nutzt die ihnen gut vertraute Maltechnik der besten Vertreter der sowjetischen und der westlichen Malerei und führt in ihr Schaffen Elemente der Techniken der Turkvölker und der traditionellen kasachischen Ornamentik ein. Die Themen der Bilder sind stärker der nationalen Geschichte verbunden. In diesen Jahren verbreitete sich in der Malerei die philosophische Betrachtungsweise der Natur, was auch mit der Besonderheit der traditionellen Lebensweise der Kasachen - dem Nomadentum - zu tun hat.

Im unabhängigen Kasachstan bildet diese Generation den Kern der besonders talentierten Künstler der Gegenwart. Ihre Werke schmücken die Wände vieler Gemäldegalerien in der Welt. Sie sind zudem in der neuen Residenz des kasachstanischen Präsidenten in Astana zu sehen. Unter dem Einfluß moderner Technologien und der Computergrafik entwickelten sich in den letzten Jahren neue Genres und Stilrichtungen.

Wie auch eine Ausstellung in Deutschland zum zehnten Jahrestag der Unabhängigkeit Kasachstans gezeigt hat, kann man zusammenfassend sagen, daß sich eine Wiedergeburt der nationalen Kultur und des geistigen Lebens beobachten läßt, die auf den menschlichen Werten des 20. Jahrhunderts gründet. Ästhetische Vorstellungen, die vom Altertum bis in die Gegenwart von Generation zu Generation weitergegeben wurden, stehen dabei im Mittelpunkt: Sie künden von der Harmonie zwischen Mensch und Umwelt, von der Verwandtschaft, ja der Einheit des Menschen mit Mutter Natur. Sie spiegeln das Interesse für die geistige und innere Welt des Menschen wider, bilden die Begeisterung für die wertvolle, aber schnell vergehende Schönheit des Augenblicks ab - eines Moments, der in der Darstellung kasachstanischer Künstler nur ein Glied in der Kette der Ewigkeit ist.

Die heutige Künstlergeneration ist Zeuge und Schöpfer des Werdegangs des unabhängigen Kasachstans. Das Durchbrechen der strengen ideologischen Rahmen der totalitären Zeit hat zu einer Erweiterung der ästhetischen Kriterien beigetragen und schöpferische Impulse gegeben, die sich im Entstehen einer Vielzahl neuer Stilrichtungen niederschlugen.

"Schangyryk", dies bedeutet "Echo der Jahrhunderte", spiegelt den Inhalt, die ästhetische und die Ideenrichtung der neuen Welle der Künstler unseres Landes wider, die den Bogen von der fernen Vergangenheit bis in die Gegenwart des 21. Jahrhunderts spannen.
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Filmkunst in Kasachstan in Erwartung einer neuen Welle

von
Oleg Boretzki, Filmkritiker, Almaty


"Endstation" von Regisseur Serik Aprymow erzählt von der jungen Generation in der kasachstanischen Steppe - von Langeweile, Depression und Alkoholismus
 
Perestroika und Glasnost brachten Ende der 80er Jahre Neues im sowjetischen Film hervor. Für Kasachstan war es eine Gruppe von fünf Filmemachern, die in der Ethikklasse der Filmhochschule in Moskau studierten. Regisseur Sergej Sowoljow hatte diese Klasse als "experimentellen Fünfjahresplan zur Entwicklung des neuen kasachischen Kinos" gegründet. Fünf komplexe Teams aus Regisseur, Kameramann, Drehbuchautor und künstlerischem Direktor sollten im Jahr je fünf Spielfilme in den Kasachfilmstudios produzieren - mit wenigen Mitteln. Mit den Filmen dieser ersten neuen Welle machte sich das kasachstanische Kino einen Namen. Die Welle ebbte 1991 und 1992 mit den Filmen "Kairat" und "The Fall of Otrar" ab. Das Filmwesen des jungen unabhängigen Kasachstans erlebte einen Einbruch, streckenweise stand die Filmproduktion vollkommen still. Nun scheint der Tiefpunkt seit zwei Jahren überwunden. Eine "neue Woge" kasachstanischer Filmkunst, so Regisseur Raschid Nougmanow, steht bevor.
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