Kultur

Bei den Restauratoren des Bernsteinzimmers in Zarskoje Selo [ Abstract ]
Russische Schätze in der Nikolaikirche Berlin [ Volltext ]

Bei den Restauratoren des Bernsteinzimmers in Zarskoje Selo
von
Wolfgang Schriek, Russischlehrer, Hamm


Etwa vierzig Prozent des berühmten Bernsteinzimmers wurden von russischen Künstlern wiederhergestellt. Nun hofft man auf Geld der deutschen Ruhrgas AG
 
Mit der Entscheidung der deutschen Ruhrgas AG, die Neuschaffung des Bernsteinzimmers mit 6,3 Millionen DM zu sponsern, schöpfen die dreißig Mitarbeiter der Restaurationswerkstatt im Katharinenpalast in Zarskoje Selo angesichts der leeren russischen Staatskasse wieder Hoffnung. Auch wenn bis zu ihnen bislang real noch kein Pfennig geflossen ist. Seit mittlerweile mehr als zwanzig Jahren wird das legendäre, im zweiten Weltkrieg von der Wehrmacht abtransportierte Bernsteinzimmer wiederhergestellt. Etwa vierzig Prozent sind bereits wieder im alten, besser gesagt neuen Glanz zu bewundern - davon konnte sich eine deutsche Schülergruppe aus dem westfälischen Hamm bei ihrem Besuch überzeugen.
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Russische Schätze in der Nikolaikirche Berlin

von
Viviane Lagodzki, Hamburg


Zum ersten Mal öffnet die Staatliche Schatzkammer für Edelmetalle und Edelsteine Rußlands (Gokhran) im Ausland ihre Pforten und beweist, daß sie wirkliche Schätze russischer Juwelierkunst bewahrt hat. Die Ausstellung in der Berliner Nikolaikirche zeigt unvorstellbaren Reichtum: Schmuck, Kunsthandwerk, Medaillen und Orden, die von den russischen Hoflieferanten der Zarenfamilie, den berühmten Firmen Fabergé, Bolin, Sasikow, Chlebnikow, Owtschinnikow und heute unbekannten Meistern von der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts bis zum frühen 20. Jahrhundert hergestellt wurden.

Bei Betreten der Ausstellung taucht der Besucher ein in eine andere Welt: Mit Stoffbahnen sind Kirchenschiff und Altar verhängt, diffuses Licht und klassische Musik lassen eine Atmosphäre von Exklusivität entstehen, in der alles funkelt und glänzt. Die Ausstellung wird mit einem mineralogischen Teil eröffnet: Gold- und Platinklumpen mit einem Gewicht von einem bis zu zehn Kilogramm liegen neben einer Goldkugel, die Dmitri Mendelejew für seine Forschungszwecke angefertigt hat. Es folgen Vitrinen mit ungeschliffenen und geschliffenen Diamanten und Brillanten. Darunter befinden sich Kuriositäten, deren Namen von ihrer staatstragenden Bedeutung künden: Ein besonders schönes Exponat trägt den Titel "XXIV. Parteitag der KPdSU", ein anderes heißt "Zum Andenken an die tödlich verunglückten Kosmonauten".

Nach diesen sich erst seit relativ kurzer Zeit im Besitz der Schatzkammer befindenden Exponaten widmet sich die Ausstellung Gebrauchsgegenständen des Zarenhofes. So profane Dinge wie Salzfäßchen, Schnapsgläschen, Konfektschalen, Kaffee- und Teeservice sowie Tabletts wurden in der Zarenzeit als Kunstwerke von wirklich atemberaubender Schönheit gearbeitet. Der praktische Verwendungszweck all dieser Gegenstände tritt völlig in den Hintergrund: Eine Kelle von 1910 beispielsweise ist als Wikingerschiff gestaltet, an dessen Bug ein ermatteter Krieger lehnt und sich die Stirn mit einem Tuch wischt. Auch kunsthistorisch ist die Ausstellung interessant: Obgleich der Großteil der Exponate im Stil russischer Kunsttraditionen gearbeitet ist, lassen sich auch einige schöne Beispiele für den damals neu aufkommenden Jugendstil entdecken.

In der nächsten Abteilung stehen der Schmuck der Zarenfamilie und Accessoires für die Abendgarderobe im Mittelpunkt. Um dem Betrachter die Verwendung einiger Exponate zu erläutern, sind Reproduktionen zeitgenössischer Gemälde aufgehängt, die Angehörige der Zarenfamilie in Abendkleid oder Ausgehuniform mit den jeweiligen Schmuckstücken zeigen. Das ganze Ausmaß des Reichtums und der Prunksucht der russischen Herrscher wird jedoch besonders deutlich an so speziellen Gegenständen wie einem Behältnis aus Gold, Perlmutt und Elfenbein, das ausschließlich zur Aufbewahrung von Ballkarten diente.

Den Höhepunkt der Ausstellung bildet das Diadem "Russische Schönheit", das erst 1987 fertiggestellt wurde. Es besteht aus 25 Perlen, die in Gold und Platin gefaßt und von Brillanten umgeben sind. Es wurde im Auftrag der Schatzkammer (die der russischen Finanzbehörde zugeordnet ist) nach historischen Vorlagen rekonstruiert. Eine eigene Abteilung der Ausstellung bilden schließlich mehr als 700 Orden, Ehrenzeichen, Medaillen und Münzen von der Mitte des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart. Darunter befindet sich auch der berühmte Orden für "Heldentum in der Arbeit" von 1938, der jedoch nur aus rostfreiem Metall, Silber, Email und Moiré, also aus weniger "edlen" Materialien gefertigt ist. Meiner Meinung nach eine sehr sehenswerte Ausstellung!
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